Schmerzen kennen wir alle, ob körperliche oder seelische. In Zeiten wie diesen sind sie besonders häufig oder stark. Aber eigentlich möchten wir sie am liebsten weghaben, oder nicht?

Wir wollen den Schmerz nicht, leiden darunter oder wehren uns dagegen. Aber können wir Schmerzen wirklich loswerden? 

Seelische Schmerzen lösen sich manchmal auf, wenn wir uns die Emotionen erlauben, die in ihnen stecken. Bei körperlichen Schmerzen ist es schwieriger, ohne Medikamente… was also tun?

Vielleicht hast du Lust, etwas Neues zu probieren. Wie wäre es, wenn du deinen Schmerz erlöst? Es ist ein kleiner aber wesentlicher Unterschied zwischen erlösen und auflösen. Beim Erlösen fliesst Liebe in den Schmerz- er darf sein, er muss nicht „weg“.

Was geschieht, wenn wir Liebe in den Schmerz fliessen lassen. Wenn wir mit „Ihm“ sind. Er verliert die Macht, uns von uns selbst zu trennen- was an sich ja schon ein Schmerz ist. Vielleicht sogar der Grund für den Schmerz…

Die Einladung, deinen Schmerz zu erlösen, bekommt angesichts der aktuellen politischen Weltlage eine neue Dringlichkeit. Warum?

Hast du dir schon einmal überlegt, welcher Schmerz durch Krieg ausgelöst wird? Durch den Tod dir nahestehender Menschen, durch Verletzungen und Verlust. Viel mehr Schmerz ist wohl kaum möglich. Und durchaus nicht nur körperlicher- Krieg ist mindestens ebenso mit seelischem Schmerz verbunden.

Und natürlich wollen die Beteiligten den Schmerz nicht. Nicht einmal wir «Beobachter» wollen ihn. Was würden wir nicht tun, um ihn zu umgehen, oder den Kriegsbeteiligten den Schmerz zu ersparen. Leider, leider, leider geht das nicht.

Und das löst noch mehr Schmerz aus- den Schmerz der Ohnmacht.

Was aber, wenn wir hier diese Möglichkeit anwenden, den Schmerz «sein» zu lassen, mit dem Schmerz zu sein. Ihm Raum geben. Ja, ihn «wirken» zu lassen.

Und vor allem: nicht alles tun, um ihn nicht zu spüren- wie etwa Vergeltung zu üben. Rache, Gegenschlag. Damit «killen» wir sozusagen den Schmerz. Oder im Falle von uns Beobachtern – irgendwelche Rechtfertigungen und Meinungen zu vertreten, die den Schmerz dämpfen.

Mit Vergeltung oder Rechtfertigung wollen wir unsern Schmerz vernichten, warum sonst sollten wir so viel neues Leid verursachen wollen? Bzw. das Leid irgendeines Menschen rechtfertigen? Macht doch gar keinen Sinn. Ausser, dass die Vergeltung, die vermeintliche Genugtuung darüber, dass auch die Gegenseite Schmerz erlebt, unseren Schmerz irgendwie betäubt.. oder doch nicht?

Kannst du dir vorstellen, dass wir anders handeln würden, wenn der Schmerz «ok» wäre? Was wäre, wenn wir den Schmerz wirken lassen? Ihm erlauben, uns im Innernsten zu berühren und zu wandeln? Uns in unserem Ur-Schmerz der Trennung von der Liebe zu berühren- und ihm die Möglichkeit geben, uns mit unserer Liebe zu verbinden?

Wie sonst können wir die Spirale der Gewalt durchbrechen, wenn nicht in uns?

Inspiriert zu dieser Sichtweise hat mich die Geschichte einer Mutter aus Israel, die durch den Anschlag der Hamas auf das Nova-Festival beim Kibbuz Beeri ihren zwanzigjährigen Sohn verlor. Mitten in ihrer Trauer um Laor setzte sich Michal hin und sprach auf Instagram (mayarimer) eine eindringliche Friedensbotschaft in die Kamera. Sie wisse, was in den Köpfen ihrer Landsleute nun vorgehe, ebenso kenne sie das Leiden der Mütter in Gaza. Darum fordere sie: «Stopt den Krieg. In meinem Namen keine Vergeltung.» (aus SPUREN Nr. 148)

 

 

Versuche doch einmal Folgendes:
Nehme deinen Schmerz bewusst wahr. Wo ist er, wie fühlt er sich an? Das kann ein physischer oder ein seelischer Schmerz sein. Vielleicht hast du auch Angst vor deinen Schmerzen, dann erlaube auch deiner Angst zu sein- nimm sie mit. Sie darf sein. Ebenso wie deine Wertungen in Bezug auf die Schmerzen.

Atme tief und weit und sage deinem Schmerz, dass er sein darf. Versuche, dich mit deinem Schmerz zu verbinden und ihn zu würdigen. Ihn gelten zu lassen. sage ihm, dass du ihn wahrnimmst – als einen Teil von dir anerkennst.

Denn er ist ein Teil von dir. Ein Teil, der dir etwas Wichtiges sagen möchte

Wichtig: keine Hintergedanken, keine Absicht. Also nicht erlauben, damit… er sich auflöst, weggeht, usw. einfach aus dem Herzen heraus erlauben zu sein.

Spürst du, wie du in deinem Herzen berührt bist, von deiner Fähigkeit, dich in deinem Schmerz zu begleiten. dich mit dir selbst zu verbinden. Spürst du, wie Mitgefühl entsteht mit dir und deinem Schmerz? Dein Schmerz ist ein Toröffner, ein Herzensöffner. Ein Tor zu einer Kraft in dir. Und diese Kräfte möchte als Teil von dir wahrgenommen werden